Dienstag, 24. Juli 2012

Abmoosen einer japanischen Zelkove (Zelkova serata)

Liebe Bonsaifreunde.

heute habe ich meinen ersten Versuch gewagt, die Spitze einer vernachlässigten jap. Zelkove für eine spätere Neugestaltung abzumoosen.

Unter Abmoosen versteht man den Versuch, an ausgewählten Stellen neue Wurzeln zu erschaffen. Entweder zur kompletten Neugestaltung eines Wurzelansatzes, oder das Abtrennen von Baumteilen durch Wurzelneubildung. Ursprünglich wurde die verletze Stelle mit feuchtem Moos umwickelt, um gleichbleibende Feuchtigkeit zu gewährleisten. Daher der Name. Ich benutze aber Bonsaigranulat, welches in einen Kunststofftopf gegeben wird, der die abgerindete Stelle umgibt.

Die erste Schicht hinter einer Baumrinde -die Bastschicht- dient dem Baum als Leitung der von den Blättern produzierten Nährstoffe zur Wurzel. Die zweite Schicht ist das Kambium, welches Zellen für das Wachstum produziert. Die dritte Schicht, das Splintholz, ist dazu da, die Blätter mit Nährstoffen, aufgenommen von den Wurzeln, zu versorgen. Dahinter ist das Kernholz, das die Stabilität gibt.



Beim Abmoosen wird durch das Abtragen der ersten Schicht hinter der Rinde verhindert, dass der Baum die Wurzeln mit den von den Blättern produzierten Nährstoffen versorgen kann. Da der Baum überleben will, muss er neue Wurzeln bilden, was er in der Regel auch macht. Das Kambium wird abgeschabt, damit der Baum kein Kallusgewebe bildet, was als Brücke zwischen der Verletzung dienen kann. Also wird der Baum keine neuen Wurzeln bilden! Die 3. Schicht (das Splintholz) wird unangetastet gelassen, damit die Wurzeln den Baum weiter mit Wasser und Nährstoffen versorgen können. Sonst trocknet er aus.
Um ein Gefühl für diese Schichten zu bekommen, rate ich, dies an abgeschnittenen Ästen oder ähnlichem, auszuprobieren.





In einem Fachgeschäft habe ich diese jap. Zelkove erworben, die vom Vorbesitzer zum Verkauf abgegeben wurde. Ich habe sie eigentlich nicht weiter beachtet, bis ich eher aus versehen wieder darauf gestoßen bin. Da fiel mir die Spitze des Baumes auf:


Der Baum hat stark gelitten, 2/3 der Äste sind abgestorben oder wurden abgetrennt. Einzig interessant ist die Spitze, die noch eine ganz akzeptable Aststellung und -dichte bietet:






Die Spitze -und damit der spätere Baum-, ist ca. 25cm hoch, der Stamm soll eine Länge von ungefähr 1/3 der Baumgröße bekommen. Also circa 17cm vom unteren Ast aus. Dies ist die Stelle, wo die Abmoosung stattfinden soll. Die unteren 2 Äste kommen noch weg: einer ist unnötig, einer sowieso Trocken. Die Abmoostelle ist dicht über dem abgeschnittenen Ast. Also verkürze ich diesen bis hin zum Stamm.

Den Stamm schneide ich mit einem Teppichmesser ringsherum ein, das gleiche nochmal obendrüber, ca. 1cm über dem ersten Einschnitt. Danach wird die Rinde langsam entfernt, hier benutze ich die Spitze des Tepichmessers und heble die Schicht Rinde einfach ab. Teilweise schabe ich die Rinde mit der Klinge auch von oben nach unten ab.





Das Ergebnis sieht so aus;




Das mache ich ringsherum:





Ich habe das selbst noch nicht gemacht und glaube einfach, das das tief genug ist. Wenn nicht, bilden sich keine neuen Wurzeln und ich muss das Ganze wiederholen.

Nun nehme ich einen vorbereiteten schwarzen Plastiktopf , indem ich unten ein Loch in Stammdicke und einmal längs aufschneide. Dann habe ich eine Tüte mit reingetan, weil der Plastiktopf unten Löcher hat und die Erde rausfallen kann – man kann natürlich auch andere Behälter benutzen. In die Tüte habe ich Löcher geschnitten, damit das Wasser abfließen kann. Ich habe den schwarzen Topf gewählt, weil er schneller warm wird bei Sonneneinstrahlung, und Wärme beschleunigt das Wurzelwachstum. Weiße Joghurtbecher haben den gegenteiligen Effekt.






Das ganze Gebilde bringe ich jetzt an den Stamm an. Die Einkerbung sollte später vollständig mit Erde bedeckt sein, also ungefähr in die Mitte bringen oder drunter. Hier also noch weiter rauf:






Damit das Teil auch hält, habe ich nach dem Festsetzen der Position einen etwas dickeren Draht unter den Topf um den Stamm gewickelt, als Stütze, denn es kommt ja noch Erdmischung rein, die das Ganze schwerer macht:





Sollte die Erde zu schnell austrocknen, daß ich mit dem Gießen nicht hinterherkomme, stülpe ich eine schwarze Tüte drum.



Jetzt kann man sich sicherlich auch ungefähr vorstellen, wie der Baum einmal aussehen könnte. Ich stelle mir schon die dichtere Krone, einen tollen Wurzelansatz und, natürlich, eine handgemachte Schale vor. Das Astloch kann noch so gestaltet werden, dass es natürlich aussieht. Und und und! Ich kann´s kaum erwarten. Bis zum Herbst muss ich mich aber mindestens Gedulden! Aber dann könnte ich einen kleinen Shohin mein Eigen nennen - mit einer Größe von 25 cm. Eine eigentlich recht schnelle Methode für so ein tolles Ergebnis! Haltet also Ausschau auch nach Unscheinbarem!

Der Baum steht jetzt so unten im Garten, ich habe noch BioGold Dünger auf die Erde gelegt, als Bestechung sozusagen, dass er, wohlgenährt und zufrieden, neue Wurzeln bildet!
 
Update:

So sieht der Baum nach 2 Monaten aus, es könnte sich also lohnen:








Wünscht mir Glück! Ich halte Euch auf dem Laufenden!

André

 

Sonntag, 22. Juli 2012

Gestaltungstagebuch Juniperus chinensis, Chinawacholder

Hallo allerseits,

ich habe ja versprochen, Euch über die Gestaltungen auf den Laufenden zu halten.

Hier ist der Wacholder, den ich im angebrochenen Frühjahr gestaltet habe. Er hat 2 Äste verloren, die beim Drahten und Biegen beim Übergang in den Stamm eingerissen waren. Da muss ich noch vorsichtiger werden. Andere eingerissene sind jedoch wieder angewachsen. Das entscheidet eben immer der Baum.
Aber durch Biegen anderer Äste zum Lückenfüllen habe ich das Problem lösen können. Steht ihm vielleicht sogar besser.

Der Austrieb ist noch recht vorsichtig, und wie erwartet hat er, neben dem normalen, schuppigen Laub, auch sogenanntes Stresslaub gebildet. Sieht man am unteren Ast, der helle Neuaustrieb.

Da es ihm den Umständen entsprechend gut geht, und er die unteren, schwächeren Äste auch neu belaubt, habe ich nun noch die Spitze gestaltet.

Nächstes Jahr kann er in eine Schale gesetzt werden, wo ich dann die Neigung bestimmen werde und mir nochmal Gedanken um die erstmal endgültige Vorderseite machen werde. Deswegen bleibt der 2. Ast von unten rechts erstmal auch so lang.








 






Bis bald

André

Erstgestaltung Juniperus chinensis, Chinawacholder

Liebe Bonsaifreunde,

in dieser kleinen Fotoserie zeige ich Euch den Gestaltungsprozess an einem Baum, den ich aus einem Fachgeschäft habe.

Ich finde den schön gewundenen Stamm ganz interessant und habe mir gedacht, daraus eventuell einen Shohin zu gestalten.

Leider läuft der Stamm oben sehr gerade aus, was mir nicht ganz gefällt.
Das kann man aber ändern. Der Baum ist gesund, also sollte eine Grundgestaltung ohne großes Risiko zu machen sein.










Um den Stammverlauf besser betonen zu können, habe ich mich entschlossen, die unteren Äste zu entfernen und Jins daraus zu gestalten.












Mit einer Zange quetsche ich den abgeschnittenen Ast zusammen, entferne die Rinde und/oder ziehe die Rinde vorsichtig nach unten ab. Die Rinde ist im feuchten oder frischen Zustand um einiges leichter zu enfernen!
Hier sollte vorher überlegt werden, wie weit die Rinde abgezogen werden soll, und die Stelle am Schluß mit einem Teppichmesser o.ä. durch Einritzen markiert und damit die Länge der entfernten Rinde begrenzt werden.
Abgeschnittene Äste schmeiße ich nicht weg, sondern versuche, Stecklinge daraus zu ziehen.

Nachdem die untern Äste entfernt waren, wurde ich unschlüssig, wie es weitergehen würde. Das diese Äste weg mußten, wusste ich gleich, aber jetzt war ich am überlegen, welche Seite die Vorderseite werden würde, welche Äste oben noch weg müssten.
Ab ist eben ab! Ich drehte den Baum, kippte, bog Äste in alle Richtungen, ganze 2 Tage lang. Da ich so nicht weiterkam, fing ich an, die wahrscheinlich linke Seite schonmal zu drahten, und dabei entwickelte ich die Idee, die Spitze weiter nach Vorne zu bringen, und damit den geraden Teil oben zu verkürzen. Der Stamm ist da aber ziemlich dick, aber mit dickem Aludraht sollte das zu machen sein.
Wie man am nächsten Bild sieht, habe ich dabei aber einen Fehler begannen. Der Plan war, durch drahten und ziehen – unter Zuhilfenahme des Stumpfes des abgeschnitten Astes – die Spitze neu zu gestalten und zum Betrachter hin zu ziehen.
Die Windungen sind jedoch zu eng gewickelt, und ein dünnerer Draht wurde parallel zum dicken gelegt. Damit nehme ich mir natürlich die Möglichkeit, den Ast nach innen zu biegen, da keine Freifläche zwischen den Drähten vorhanden ist! Dann blockiert sich der Draht natürlich selbst, da die Windungen direkt aufeinander liegen.
Dies wird verhindert, indem man Drähte immer möglichst sehr genau in einem Winkel von 45 ° um die Äste oder Stämme wickelt. Hier ist die Wicklung zu eng. Also: genau – NOCHMAL! Seufz!


Nachdem der Baum erneut gedrahtet wurde habe ich die verbliebenden Äste ausgelichtet, neu gestaltet und positioniert. Da der Draht nun richtig liegt, brauche ich die Spitze auch nicht mehr heranziehen, der Draht hat ausgereicht!
Da dies die allererste Grundgestaltung ist, ist noch viel zu machen und die Feinheiten müssen noch herausgearbeitet werden. Das geht aber erst, nachdem sich der Baum von der bisherigen Prozedur erholt hat, und ich sehe, wie sich die Astpolster entwickeln werden.
Wenn ich ihn später schräg eintopfe, müssen die Äste sowieso nochmal gerade gestellt werden. Den Stumpf lass ich auch erstmal stehen, der kommt, wenn ich ihn zum Draht fixieren nicht mehr brauche, ganz weg.
Die Spitze soll noch weiter nach oben wachsen und noch eine weitere Stufe soll gebildet werden, der Baum also insgesamt ein wenig höher werden. Da freue ich mich schon drauf.
Jetzt muß der Baum erstmal Ruhen und sich erholen. Ich nehme an, der Wacholder wird sogenanntes Stresslaub bilden, wenn er austreibt. Das machen Wacholder, wenn sie zu sehr geärgert werden, sehr gerne.
Stresslaub ist stacheliger als das normale, schuppige Laub. Daran erkennt man auch, ob es dem Baum im Allgemeinen gut geht. Bildet ein Juniperus chinensis ohne weitreichende Gestaltungsmaßnahmen stacheliges Laub aus, sollte man den Gesundheitszustand überprüfen!










Das sieht jetzt am Ende sehr radikal und noch mehr gerupft aus,  jedoch wird der Baum in der Zukunft an Grün zunehmen und wieder einen gesünderen und volleren Eindruck machen. Ich halte Euch mit aktuellen Bildern auf dem Laufenden!


André